Turnhout, Brepols, 2004 Hardback, XXX+520 p., 155 x 245 mm. ISBN 9782503048314.
Nachdem Lull dem intellektuellen Erkennen und Erforschen der Realitat die Ars inventiva (op. 44) gewidmet hatte, versuchte er in der Ars amativa darzustellen, wie die erkannte und verstandene Realitat durch die Willenskraft bzw. durch die Liebe intensiv angeeignet wird. Dient die Ars inventiva der Gotteserkenntnis, so die Ars amativa der Gottesliebe. Die Ars amativa gehort in die Struktur der ars lulliana, von der sie ihr ontologisches Fundament, ihre argumentative Logik und die Kombinatorik der vier in der Ars inventiva entwickelten Figuren ubernimmt. Zu Beginn werden die achtzehn Prinzipien vorgestellt, welche anschliessend durch die Figuren visualisiert und dem kombinatorischen System integriert werden. Im zweiten Teil werden die in zwei Gruppen geordneten Regeln, d. h. achtzehn Modalitaten, vorgestellt, die sowohl fur das Erforschen und Erkennen des Wahren wie fur das Wollen und Lieben des Guten eingesetzt werden mussen. Im dritten Teil werden die achtzehn principia artis in bezug auf die Liebe bestimmt, um die spezifischen Aspekte einer 'Kunst' der Liebe zu entfalten. Nach einer einleitenden philosophischen Erorterung wird die fur Lull entscheidende dynamische Funktion des Liebens in der Erkenntnis der Realitat angesprochen. Im vierten Teil werden die behandelten principia charakterisiert und personifiziert. Anhand der vierten Figur der Ars inventiva werden dann 833 'Bedingungen' aufgestellt, die aus allen moglichen Kombinationen zwischen den in Dreiergruppen aufgeteilten achtzehn principia entstehen. Diese 'Bedingungen' sind kurze, ahnlich den 'moralischen Metaphern' des beruhmten Liber amici et amati formulierte Erzahlungen: Die zu handelnden Personen verwandelten Prinzipien reden, zeigen Gefuhle und diskutieren unter sich, jedes in der ihm vorher per definitionem zugeschriebenen Rolle. Im funften Teil werden zunachst 833 Fragen gestellt, eine zu jeder im vorangehenden Teil erzahlten 'Bedingung', und danach zwanzig ausfuhrliche Fragen, die mittels Kombination innerhalb der Figuren entstanden sind und auf die je eine Losung folgt. Im Epilog erscheinen die personifizierten Prinzipien zusammen mit der Liebe, dem Freund und dem Geliebten auf einer Buhne und fordern die Prinzipien auf, sich mehr um die Liebe zu kummern und die einseitige Ausrichtung auf den Intellekt zu beenden. Die Edition des zweiten, wesentlich kurzeren Textes dieses Bandes, Quaestiones quas quaesivit quidam frater minor, hat freundlicherweise Prof. Dr. Francesco Santi, Lecce/Firenze, ubernommen. Wir danken ihm dafur, dass er seine Erfahrung und Kompetenz bei der Edition lateinischer Texte des Mittelalters in den Dienst der Herausgabe dieses kleinen, wichtigen und bislang unedierten Werkes Lulls gestellt hat. Es handelt sich um eine Sammlung von 32 Fragen, die laut Lull von einem Franziskaner, der im Text nicht in Erscheinung tritt, gestellt wurden und mit Hilfe der Ars inventiva, teils auch der Ars amativa und vor allem des Liber chaos gelost werden. Es geht vor allem um naturphilosophische Fragen (erste Ursache, Schopfung, Ewigkeit der Welt, Zeit und Raum), aber auch um das Verhaltnis zwischen der Sprache der zeitgenossischen Metaphysik und der lullschen Theologie. Languages: Latin, Italian.