Turnhout, Brepols, 2003 Hardback, XXIV+372 p., 155 x 245 mm. ISBN 9782503048215.
'Denn, wenn unsere Liebe Frau nicht ware, dann ware Gott nicht Mensch geworden, und wenn Gott nicht Mensch geworden ware, hatte er die Welt nicht erschaffen. Denn Gott hat die Welt erschaffen, damit Gott Mensch werden konne' (Liber de sancta Maria). In diesen Satzen wird zum Ausdruck gebracht, welche wichtige Rolle Maria in der Gedankenwelt Lulls spielte. Die marianische Frommigkeit Lulls setzt sich auffallig vom zeitgenossischen Wunderglauben ab, Maria ist nicht bloss Objekt der Furbitte ausserer Guter, sondern Inbegriff ontologischer und logischer Vollkommenheit. So ist sie konsequenterweise nicht nur Ausgangspunkt der Menschwerdung, sondern auch Ursprung und Weg der gesamten theologischen Reflexion. Das hier edierte Buch ist, wie auch in einem der zahlreichen Titel, die dieses Werk im Laufe der Zeit bekommen hat, ausgedruckt wird, ein Mariale in quaestiones difficiles, also kein Devotionale. Lulls Marienkult ist nicht nur Sublimierung seiner jugendlichen Minnelyrik, er ist auch ein Spiegel seiner ganzen Philosophie, die auf jegliches formales scholastisches Profil verzichtet, um sich in einer katechetisch-missionarischen Sprache ausdrucken zu konnen. Der Liber de sancta Maria bleibt im gesamten oeuvre Lulls in stilistischer und inhaltlicher Hinsicht einzigartig. Es ist kein Zufall, dass Jacobus Faber Stapulensis dieses Werk aus der Vergessenheit holte und ihm sehr fruh durch eine vorbildliche Druckausgabe zu einer grossen Verbreitung verhalf. Es ist auch bezeichnend, dass dieser Gelehrte, der in anderen Ausgaben von Werken Lulls den Stil dem Zeitgeschmack anpasste und korrigierte, bei diesem Werk die ursprungliche und unmittelbare Sprache Lulls fast unverandert ubernahm. Dem hier edierten Text hat die Herausgeberin eine Untersuchung uber die Grundlagen des marianischen Diskurses Lulls vorangestellt. Zusatzlich zu diesem Werk wird in dem vorliegenden Band auch ein vom Umfang her kleineres Beispiel des unermudlichen literarischen Schaffens Lulls vorgelegt. Mit dem Liber de passagio hat Lull unmittelbar nach dem fur die gesamte Christenheit schockierenden Fall von Akkon zu den brennenden politischen Fragen seiner Zeit Stellung genommen. In dieser Bittschrift an Nikolaus IV., den ersten aus dem Franziskanerorden stammenden Papst, nimmt Lull auf sehr originelle Art Stellung zu Fragen des Umgangs mit den anderen Religionen, wobei die Frage nach der Gewaltanwendung nicht ausgeklammert wird. Es ist jedenfalls das erste Werk, in dem Lull den Kreuzzug thematisiert. Gegenuber jedem neuen Papst wird Lull dann jeweils seine aktuelle Sicht der Dinge vorlegen. Diese Werke haben in der Literatur zu Lull in den letzten Jahren fur einigen Diskussionsstoff gesorgt. Eine ausfuhrliche Einleitung versucht, die ideengeschichtlichen Voraussetzungen des Liber de passagio vor Augen zu fuhren und dem originellen Charakter dieser Stellungnahme Lulls in ihrem Kontext Rechnung zu tragen. Languages: Latin, Spanish.